100.000 Mitarbeiter*innen in Kirche und Caritas wählen neuen „Betriebsrat“

04.12.2020 | Warum die MAV-Arbeit so wichtig ist

Frau sitzt im Seminar

Von Arbeitgeber*innen oft gefürchtet, von Arbeitnehmer*innen geschätzt: Das Konzept des Betriebsrats kennt fast jeder. Er ist da, wenn es mal hakt; achtet darauf, dass Normen und Vorschriften eingehalten werden und wird gewählt, um die Interessen der Belegschaft gegenüber der Arbeitgeberseite zu vertreten.

Den „Betriebsrat“ gibt es auch in kirchlichen Einrichtungen

Nur heißen diese hier Mitarbeitervertretungen (MAV). Diese werden ebenfalls für vier Jahre gewählt – und im Frühjahr 2021 ist es wieder soweit.

Kirche und Caritas als bedeutende Arbeitgebende

Mit deutschlandweit rund 1,3 Millionen Beschäftigten sind die beiden großen Kirchen und deren Wohlfahrtverbände sehr bedeutende Arbeitgebende. Allein im Bistum Münster gibt es rund 80.000 Beschäftigte in caritativen Einrichtungen – vom Krankenhaus bis hin zur Beratungsstelle – sowie 20.000 im verfassten Bereich der Kirche; also in Einrichtungen auf Bistums- und Dekanats-Ebene sowie auf Ebene der Pfarrgemeinden.

Diese 100.000 Beschäftigten brauchen ein Sprachrohr – ihre betrieblichen Interessenvertretungen nach kirchlichem Arbeitsrecht. Doch was sind die genauen Aufgaben der MAVen und ihrer Mitglieder?

Warum eigentlich MAV?

Diese Frage hat Josef Meiers schon sehr oft beantwortet. Der pädagogische Mitarbeiter des KönzgenHauses bezeichnet sich selbst als „Kind der Mitbestimmung“. Seit 1994 gibt er MAV-Kurse; damals noch im Bistum Aachen, seit 2006 im KönzgenHaus in Haltern. „Bei der MAV-Arbeit geht es um die Möglichkeit der Mitbestimmung. Und zwar um die Mitbestimmung in der Arbeitswelt, die für die meisten Menschen einen sehr wichtigen Lebensbereich ausmacht. Durch die eigene Arbeit in der MAV, aber auch durch die Wahl meiner betrieblichen Interessenvertretung bekomme ich eine Stimme, kann meine Meinungen und Interessen verdeutlichen. Ich kann mich einbringen! Das ist eine zentrale und wichtige Aufgabe – in jedem Lebensbereich.“

Gerade die Erwerbsarbeit ist etwas, dass ja an und für sich absolut gar nicht demokratisch organisiert ist, erklärt Meiers weiter. Der Arbeitgebende kann nicht für die Arbeitnehmenden sprechen. Damit bieten der Betriebsrat oder eben die MAV die einzige Möglichkeit, in einem an sich nicht demokratischen Lebensbereich dennoch mitbestimmen zu können.

Mitbestimmungsmöglichkeiten der MAV

Und die gewählten Interessenvertretungen haben in der Tat viel Mitspracherecht: So bestimmt die MAV beispielsweise bei der Einstellung von neuem Personal mit und kann darauf achten, ob potenzielle Kandidat*innen auch gut ins Team passen und richtig eingruppiert werden. Sie entscheiden mit über die Notwendigkeit von Kurzarbeit, haben Mitspracherecht bei der Festlegung von Betriebsferien und Urlaubsplanung und achten darauf, dass hier alles fair und gerecht zu geht.

Betriebliche Interessenvertretung als wichtiges Instrument

„Gerade das vergangene Jahr und Corona haben gezeigt, wie wichtig und notwendig es ist, dass bestimmte Dinge eben nicht einfach ausser Kraft gesetzt werden. Auch wenn wir momentan alle in einer Ausnahmesituation leben, müssen die grundlegenden Bedingungen im Arbeitsrecht auch weiter gelten.“ erklärt Josef Meiers.

Ob Krankenschwester, Pfleger, Mitarbeiter*innen in Altenheimen und Kindergärten; gerade diese Berufsgruppen sind im Moment in ihrem Arbeitsalltag besonders von Corona betroffen – brauchen aber auch generell starke Interessenvertretungen.

Engagement für sich selbst und andere

Mit dem Engagement für die eigenen Belange und die der Kolleg*innen arbeitet jedes MAV-Mitglied an der künftigen Arbeitswelt in Kirche und Caritas und damit auch ein Stück weit an einer besseren und gerechteren Gesellschaft. Außerdem erwirbt man neue Kompetenzen, erweitert seinen Horizont und lernt für das ganze Leben. Und zusätzlich bietet der Einsatz neben der persönlichen Weiterentwicklung weitere Anreize; so findet die MAV-Arbeit während der Arbeitszeit statt und MAV-Mitglieder genießen, genau wie Betriebsrät*innen, besonderen Kündigungsschutz.

Die nächsten MAV-Wahlen finden im Frühjahr 2021 statt.

Gewählt werden kann in allen kirchlichen und caritativen Einrichtungen mit mindestens fünf Wahlberechtigten. Im Bistum Münster sind das weit über 600.

Die Vorbereitungen für die Wahlen laufen jetzt an. Im KönzgenHaus finden dazu Tagesveranstaltungen für die bestellten Wahl-Vorstände statt. Weitere Infos dazu finden Sie regelmäßig auf unserer Website.

 

Foto: Maik Meid