Hat die Kirche das Recht, einen Arbeitsvertrag wegen eines Kirchenaustritts zu kündigen?

Das Bundesarbeitsgericht ruft nun doch den EuGH an: Er solle über Kündigung wegen Kirchenaustritt entscheiden.

Eine Darstellung von Michael Ossege

Hat die Kirche das Recht, einen Arbeitsvertrag wegen eines Kirchenaustritts zu beenden? Das ist die Frage, die der EuGH nun klären soll. Das BAG hat ihn in einem neuen Fall um eine Vorabentscheidung gebeten, nachdem ein früheres Ersuchen aus dem Jahr 2022 durch ein Anerkenntnis der Arbeitgeberseite nicht fortgeführt wurde. (Beschluss vom 1.2.2024 – BAG Aktenzeichen 2AZR19622A 2 AZR 196/22 (A))

Zentral ist dabei die Frage, ob ein Verstoß gegen die Gleichbehandlungs-Rahmen-Richtlinie vorliegt. Es geht beim aktuellen Fall darum, dass eine Frau seit 2006 bei einem katholischen Frauen- und Fachverband in Deutschland in der Schwangerschaftsberatung arbeitet. Sie trat aus der katholischen Kirche im Oktober 2013 aus, während ihr Arbeitsverhältnis aufgrund ihrer Elternzeit ruhte. Nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit erhielt sie vom Verein am 1. Juni 2019 eine fristlose Kündigung, hilfsweise eine ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 2019. Zu diesem Zeitpunkt waren in der Schwangerschaftsberatung des Verbandes neben ihr weitere sechs Mitarbeiterinnen tätig, vier katholische und zwei evangelische Arbeitnehmerinnen.

Die Sozialpädagogin wehrte sich gegen die Kündigungen und bekam in den beiden unteren Instanzen Recht. Das BAG, das über die Revision des Frauenverbandes nun zu entscheiden hat, legte das Verfahren auf Eis. Es ersucht den EuGH um eine Vorabklärung. Die Klägerin werde ungleich im Vergleich zu Arbeitnehmenden behandelt, die nie Mitglied der katholischen Kirche waren. Das BAG will wissen, ob dies mit dem durch Art. 10 Abs. 1, Art. 21 der GrCH und der Gleichbehandlungs-Rahmen-Richtlinie garantierten Schutz vor Diskriminierung unter anderem aufgrund der Religion vereinbar ist.

In dem früheren Fall von 2022 handelte es sich um eine Hebamme, die bei einem katholischen Krankenhaus angestellt war. Sie blieb nach einem Anerkenntnisurteil des BAG letztendlich trotz ihres Kirchenaustritts weiter beschäftigt.